Streik am 18. und 19.05 und ein Statement

Nach der kurzen Verschnaufpause kommt es in der kommenden Woche am Montag, 18. und Dienstag, 19.05. erneut zu Streiks in Dresdner Kindertagesstätten. Sofern ihr den Elternbrief der Stadt Dresden dazu noch nicht gelesen habt, könnt ihr ihn hier finden.

Die Stadt hält die dresdner Eltern weiterhin auf ihrer Streikseite über den aktuellen Status von Kitas. Wie bisher wird es wieder viele teilgeöffnete Einrichtungen geben, sodass Eltern, die schon alle Alternativen ausgeschöpft haben, ihr Kind sicher irgendwo unterbringen können. Dabei sei an alle jene appeliert, welche die Betreuung selbst absichern können, diese das auch tuen und die verfügbaren Plätze denjenigen lassen, die unbedingt drauf angewiesen sind.

Gebühren zurückfordern?
Die rechtliche Lage, ob man die Gebühren, die man für den Kitaplatz während des Streiks ist nicht so ganz klar. Zumal es überall anderes gehandhabt wird. Köln, Leipzig und Zwickau erstatten den Eltern die Gebühren für die Dauer des Streikes. In München wird ein solcher Schritt gerade beantragt. Für Dresden ist aktuell eine Erstattung des Beitrages nicht angedacht. Das eingesparte Geld soll vielmehr direkt in die Kitas investiert werden, also den Kindern zu gute kommen.
Weitere Infos kann auch dieser Beitrag einer Gründerin des BEVKi liefern.

Was können Eltern tun?

Die Gewerkschaft Verdi informiert auf seiner Seite umfassend über den Streik. Warum wird gestreikt, was wird gefordert und wie können die ErzieherInnen untersützt werden.

Ein Statement zum Streik

Immer mehr Artikel tauchen auf, mit der Frage, ob den Erzieher*innen nicht schon genug verdienen. Wie zum Beispiel dieser hier vom Spiegel Online, wo das Gehalt eines/einer Erzieher*in mit dem Gehalt eines Feuerwehrmannes oder Müllmanns verglichen und festgestellt wird, dass Erzieher*innen genausoviel oder sogar noch mehr verdienen. Ich halte diese „Neid-Debatten“ á la „weil der nur soundsoviel verdient, dürfen die auch nicht mehr verdienen“ für fruchtlos. Zumal hier immer nur „schlecht“ bezahlte Berufe miteinander verglichen werden und nicht der Vergleich nach oben gewagt wird.
Tatsache ist, das Einstiegsgehalt für ErzieherInnen ist nicht so übel, WENN sie denn einen 40-Stundenvertrag haben. Aber das ist nur bei wenigen der Fall. Die Regel ist ein 32+ Vertrag – fast schon ein Viertel weniger, was sich natürlich auch im Gehalt bemerkbar macht.
Was, wie ich finde, in der Diskussion auch oft untergeht, ist die Ausbildung und Qualifikation von Erzieher*innen. Die Ausbildung umfasst insgesamt 5 Jahre. (2 Jährige Ausbildung zum/zur Sozialassistent*in, sowie 3 jährige Ausbildung zum/zur Erzieher*in) Hinzu kommt, dass diese Ausbildung nur zu einem geringen Teil von staatlichen Schulen gestemmt wird, sondern vor allem private Erzieher*innenschulen den Bedarf abdecken. Das bedeudet wiederum , dass die angehenden Erzieher*innen für ihre Ausbildung tiefer in die Tasche greifen müssen. Das muss auch erstmal irgendwie finanziert werden. Erzieher*innen sind hochqualifiziert. Sie machen einen guten Job – manche sicher mehr und manche sicher etwas weniger, aber das ist überall so.

Das wichtigste, was man sich in der ganzen Diskussion immer wieder ins Gedächtnis rufen sollte ist, was Erzieher*innen in den verschiedenen Bereichen tuen!? Sie kümmern sich um Menschen! Und jedem sollte doch klar sein, wie wichtig und auch fordernd diese Aufgabe ist. Nimmt man zum Beispiel nur mal die Erzieher*innen in Kindertageseinrichtungen. Wir vertrauen ihnen unsere Kinder an – das, was uns am meisten bedeutet. Und zwar nicht nur zur Aufbewahrung, nein, Erzieher*innen sollen sich gut um unsere Kinder kümmern und einen Bildungsauftrag erfüllen. In der frühkindlichen Bildung werden die wichtigsten Grundlagen gelegt – Defizite, die Kinder in dieser Zeit erfahren, sind später nur schwer wieder aufzuholen. Erzieher*innen sind dafür verantwortlich, diese Grundlagen zu legen. Viele Kinder verbringen einen Großteil des Tages in einer Kindertageseinrichtung – haben am Tag teilweise mehr Kontakt mit den Betreuungspersonen als mit den einzelnen Elternteilen. Wer war denn nich schon Mal erstaunt, dass das eigene Kind nach Hause kommt und auf einmal ganz neue Sachen kann. Plötzlich klappt das Ausschneiden auf der Linie wunderbar – und das hat es nicht zu Hause gelernt. Dafür war zu Hause keine Zeit.
Ich kann es nur nochmal wiederholen – sie bauen keine Autos zusammen, sie schaffen nicht den Müll weg oder schieben auf irgendwelchen Konten das Geld hin und her – sie kümmern sich um unsere Kinder! Es sollte daher doch eine Selbstverständlichkeit sein, dass eine so wichtige Arbeit auch richtig gut bezahlt wird. (Dabei will ich keinesfalls andere Berufe abwerten. Vielleicht sollte man die Neiddebatte einfach mal umdrehen und nicht sagen, die Erzieher*innen fordern zu viel sondern, die anderen geben sich mit zu wenig zufrieden?)

Ein weiterer Punkt, den die Gewerkschaften anführen und dem sicher auch jeder Arbeitgeber zustimmen wird: Ist das Stellenangebot nicht attraktiv, gibt es auch keine Bewerber*innen.
Schafft man es nicht, den Erzieher*innen Beruf attraktiver zu gestalten, kommen immer weniger neue Erzieher*innen hinzu. Und das bei explodierenden Kinderzahlen wie in Dresden … Die Betreuungsituation ist jetzt schon mehr als angespannt, wenn dann noch ein merkliches Defizit an Erzieher*innen entsteht, wird sich das zunehmend negativ auf die Betreuungsqualität auswirken. Und dann wird wieder das Geschrei losgehen, warum zu wenige Erzieher*innen da sind. Also lieber jetzt handeln, als wie immer dann, wenn es schon zu spät ist.

Eine gerechtere Bezahlung und die damit einergehende  Anerkennung dieses Berufes, kann aber nur ein Schritt zu einer besseren Betreuung sein. Wie viele Kritiker an diesem Konflikt richtig bemängeln: Den Kindern ist nicht damit geholfen, wenn sich in Zukunft besser bezahlte aber immernoch gestresste Erzieher*innen um sie kümmern. Neben der besseren Bezahlung braucht es veränderte Rahmenbedingungen. Jedoch sind das zwei paar Schuhe. Die Bezahlung wird im Rahmen des Tarifvertrages festgesetzt. Bei Tarifkonflikten sind Streikmaßnahmen legitime Mittel, die Arbeitnehmer in den Verhandlungen nutzen können. Da aus Sicht der Gewerkschaften von den Kommunalen Arbeitgeber Verbänden kein ansprechendes Angebot vorgelegt worden ist, wurde zu unbefristeten Streiks aufgerufen.
Sollte der Tarifkonflikt wie auch immer beigelegt werden, besteht aber weiterhin das Problem der Rahmenbedingung. Für diese Rahmenbedingungen ist jedoch die Politik zuständig, diese können nicht im Rahmen der Tarifauseinandersetzungen verhandelt werden. Um Druck auf die Regierung auszuüben, bedarf es mehr als „nur“ die Erzieher*innen, sondern einen breiten gesellschaftlichen Konsens, dass sich etwas ändern muss. Dann können gemeinsame Aktionen gestartet werden.
Die Koalition der  Sächsischen Landesregierung hätte die Betreuungssituation verbessern können. Hat sie aber nicht. In unserer Petition haben wir bereits darauf hingewiesen, dass der Betreuungsschlüssel nicht wirklich verbessert wurde. Viel mehr sollen qualifizierte Erzieher*innen im Krippenbereich in Zukunft durch Assistenzkräfte ersetzt werden können.
Es gilt hier also für uns alle – wir müssen uns der Politik gegenüber bemerkbar machen und klar die Missstände in der Betreuungslandschaft anprangen. Nur so nebenbei – Sachsen fährt dieses Jahr ein Steuerplus von gut 150 Millionen Euro ein.

Also ja, niemand freut sich über den Streik – weder Eltern noch Erzieher*innen. Viele Eltern bringt er in arge Bedrängnis, manche stellt er vor unlösbare Schwierigkeiten. Doch lieber jetzt der Streik, als dass wir später festsellen, dass uns die Erzieher*innen fehlen. Dann sind die Probleme noch größer und vor allem dauerhafter. Schon jetzt treibt es die Mitarbeiter*innen mancher Einrichtungen an ihre Balstungsgrenzen, die Betreuung der Kinder zu garantieren.
Vor allem auch wir Eltern werden Einfluss auf das Ergebnis des Streikes nehmen. Wohin wenden wir uns mit unserem ganzen Frust – an die Arbeitnehmer oder Arbeitgeber? Laden wir unseren ganzen Unmut bei den Erzieher*innen ab, die unsere Kinder betreuuen oder bei denjenigen, die den Betreuuer*innen unserer Kinder eine faire Bezahlung verweigern.

Erzieher*innen prägen unsere Zukunft, unsere Gesellschaft von Morgen.

Mit freundlichem Gruß

Sascha